Presseberichte

Pressemitteilung

 

Wiesbadener Schuhmacher startet bundesweite Petition zur Nachhaltigkeit.

 

Früher sprach kaum jemand über Nachhaltigkeit, aber Schuhe wurden repariert. Heute reden alle über Nachhaltigkeit, doch Schuhe werden weggeschmissen und durch neu produzierte Schuhe ersetzt. Insgesamt gab es in den 1950er Jahren in Deutschland über 75.000 Betriebe im Schuhmacherhandwerk, heute sind es 1.700. Immer öfter wandern bundesweit Schuhe auf den Müll, weil kein Reparateur gefunden werden kann. Nicht nur Arbeitsplätze sind verloren gegangen, auch markenunabhängige Beratungsqualität und nachhaltiger, ressourcenschonender Konsum. Das war jahrhundertelang anders.

 

Auch früher waren wir Verbraucher nicht umweltbewusster, wir konsumierten aber aus wirtschaftlichen Gründen nachhaltiger. Da neue Schuhe um ein Vielfaches teurer als heute waren, lohnte eine Reparatur fast immer. Heute machen seit Jahren steigende Kosten im Inland und immer günstigere Schuhe aus dem Ausland eine Schuhreparatur so unrentabel, das sie sich wirtschaftlich oft nicht mehr lohnt. Die Idee, man bekäme für den Preis eines Reifenwechsels ein komplettes neues Auto aus Asien, ist für uns heute noch unvorstellbar. Bei Elektro- und Bekleidungsartikeln hingegen haben wir uns schon längst daran gewöhnt.

 

Unser CO²-Ausstoß, die Verschmutzung der Umwelt und unsere Müllberge wachsen wider besseres Wissen unaufhörlich. Doch die unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten zur Senkung der Reparaturpreise sind im Schuhmacherhandwerk schon lange ausgeschöpft. Und die Preise steigen weiter. Reden allein nutzt der Umwelt allerdings nichts. Schuhreparaturen müssen im Verhältnis zum Neupreis also wieder billiger werden. Die Alternative, teurere Schuhe, sollten wir schon unseren Kindern zuliebe nicht erwägen. Denn die mussten früher barfuß gehen, das wünscht sich niemand zurück.

 

Nirgends in der EU ist es derzeit wirtschaftlich attraktiver als in Deutschland, Schuhe wegzuwerfen. Während viele EU-Länder seit Jahren Reparaturen mit geringen Mehrwertsteuersätzen fördern, nicht nur auf Schuhreparaturen, ist in Deutschland nach wie vor der Höchstsatz von 19% fällig. In einer aktuellen Studie des Umweltbundesamtes wird auch hier die Mehrwertsteuersenkung endlich befürwortet. Doch selbst damit rechnen sich viele Reparaturen gerade an Elektro- oder Bekleidungsartikeln nicht mehr.

 

Daher werden in Österreich mittlerweile mit einem Reparaturbonus zusätzlich die Hälfte der Reparaturkosten für Elektro-Artikel erstattet. In Thüringen wurde ebenfalls ein solcher Reparaturbonus gestartet. Schuh- oder Bekleidungsreparaturen gehören bislang allerdings noch nicht dazu.

 

Der Wiesbadener Schuhmachermeister Andreas Baumbach hat daher die Petition schuhreparaturbonus auf Change.org gestartet, um Schuhreparaturen – gerade auch für einkommensschwache Familien – wirtschaftlich wieder attraktiver zu machen. Auf der Webseite „schuhbonus.de“ finden sich ausführliche Informationen und auch kostenlose Werbemittel für Firmen und Geschäfte, die die Aktion unterstützen möchten. 

 

Eine Schuhreparatur hat viele Gewinner, allen voran unsere Umwelt. Eine Unterzeichnerin der Petition formuliert es so: „Ich unterschreibe, weil Langlebigkeit nicht nur klug, sondern unvermeidbar ist, wenn wir unseren Kindern nicht die Ressourcen wegnehmen wollen. Schuhe und Geräte reparieren zu lassen ist großartig. Das schafft Arbeitsplätze in der Region und führt zu mehr Wertschätzung. Und ich liebe den Geruch beim Schuster - ein Stück Kindheit!“. 

 

Einer weiteren Studie des Umweltbundesamtes zufolge belief sich die Summe umweltschädlicher Subventionen im Jahre 2018 auf 65,4 Milliarden Euro. Mit diesem Betrag unterstützen wir derzeit Dinge, die der Umwelt, dem Klima und der Erreichung der Klimaziele schaden. 

Bei jeder Reparatur, auch bei einer Schuhreparatur, profitiert nicht nur der Besitzer, sondern auch der Rest der Gesellschaft, da Müll eingespart wird und Ressourcen geschont werden. Es ist also nur fair, wenn alle Profiteure sich an den Kosten beteiligen. 

 

Nachhaltigkeit ist Schuhmacher-Handwerk und sorgt in allen Reparaturbetrieben für viele glückliche Gesichter, wenn der Lieblingsschuh nach der Reparatur wieder weiter getragen werden kann. Verbinden wir doch das Angenehme mit dem Nützlichen: Geld sparen und die Umwelt schützen. Das geht. Im wahrsten Sinne des Wortes.

 

Bildmaterial