So geht es nicht mehr weiter.
Ohne Schuhmacher finden Sie niemanden mehr, der Ihre Schuhe reparieren kann. Egal was es kostet.
Ein Blick zurück in die Geschichte des Schuhmacherhandwerks: 1950 war es um das Schuhmacherhandwerk mit 75.306 Betrieben und 126.586 Erwerbstätigen (nur „alte“ Bundesländer) und florierender Schuhindustrie in Pirmasens und deren Zulieferbetrieben für Leder und Gummi unfassbar besser bestellt als heute.
Derzeit erwirtschaften nur noch 1.712 Betriebe etwa 115 Mio. Euro Umsatz pro Jahr. bei durchschnittlich 2 Beschäftigten pro Betrieb (3.452 Erwerbstätige insgesamt) ergeben sich daraus 33.586 Euro pro Beschäftigten. Als Bruttolohn ist das natürlich viel zu wenig, für einen Umsatz, von dem noch Miete, Materialkosten und alle weiteren Kosten abgezogen werden, ist das katastrophal. Kümmerexistenzen.
Schon diese Zahlen lassen es vermuten, ein Blick auf Preislisten bestätigt es: Oft hapert es bei der Kalkulation, viele Betrieben kennen ihren Stundensatz gar nicht. Erschwerend kommt der hohe Mehrwertsteuersatz dazu, der auf die Preise aufgeschlagen muss. In vielen anderen EU-Ländern hat man das schon längst erkannt und hat die Mehrwertsteuersätze auf 7 % oder gar 5 % gesenkt. In Deutschland sind immer noch volle 19 % fällig. Immerhin wird über eine Mehrwertsteuersenkung zur Förderung von nachhaltigen Dienstleistungen endlich nachgedacht.
Das allein reicht aber nicht. Bei einem Fahrrad, das schnell mal 2.000 € und mehr kosten kann, ist eine Reparatur in Höhe von 100,-€ eigentlich immer wirtschaftlich. Bei den meisten Schuhen, trotz Mehrwertsteuersenkung, schon ein Totalschaden. Daher muss obendrein der Reparaturbonus für Schuhreparaturen her. Darüber wird leider noch nicht nachgedacht.
Aus guten Gründen subventioniert der Staat verschieden Branchen, sei es Landwirtschaft, Digitalisierung, Kultur oder Denkmalschutz. Seit einigen Jahren stellt der Staat (→ https://www.bafa.de/DE/Home/home_node.html) z. B. immer mehr Fördermöglichkeiten für Nachhaltigkeit bereit. So wurden seit 2016 schon eine Million Anträge für den Umweltbonus für Elektrofahrzeuge mit bis zu 9.760 Euro bewilligt.
Einer Studie des Umweltbundesamtes zufolge belief sich die Höhe umweltschädlicher Subventionen im Jahre 2018 auf 65,4 Milliarden Euro. Hier werden Dinge – auch von der von Schuhmachern abgeführten Einkommens- und Mehrwertsteuer – subventioniert, die der Umwelt, dem Klima und der Erreichung der Klimaziele schaden.
Verbraucher und kleine Unternehmen erreichen die staatlichen Hilfen nicht. Die Kleinunternehmer, die Preise ihrer Produkte und Ihre Mitarbeiter müssen sich auf einem preisverzerrtem Markt und verschobenen Wertebegriffen mit subventionierten Mitbewerbern konkurrieren. Hier müssen einen Ausgleich schaffende, bestehende Fördermöglichkeiten mit geringem bürokratischem Aufwand endlich umgesetzt werden.
Vielen Verbrauchern fehlt leider die Einsicht zu einem nachhaltigeren Umgang mit dem Produkt Schuhe. Einsichtigen, informierten Verbrauchern fehlen wiederum oft die finanziellen Mittel für einen nachhaltigeren Konsum. Nachhaltige Schuhe sind obendrein meist aufwändiger produzierte und damit teurer. Viele modische Schuhe, bei denen man „nur den Markennamen“ zahlt, sind wiederum zwar hochpreisige, aber nicht automatisch auch reparierbare Schuhe.
Zum Anschaffungspreis gesellt sich – quasi als Tribut an die Umwelt – der fair entlohnende Preis für die Reparatur, der in vielen Schuhmachereien und Schlüsseldiensten schon heute nicht mehr aufgerufen wird, um zu vermeiden, den Auftrag zu verlieren.
Auswirkungen auf die Schuhreparaturbetriebe