Wir haben uns mit den CO² Emissionen eines Schuhmachers beschäftigt und die Ergebnisse hier zusammengefasst. 

 

 

VERMEIDEN STATT SPEICHERN!

Weltweit werden derzeit viele Überlegungen angestellt, CO² zu speichern. Nicht nur in Bäumen, auch mit weiteren technischen Lösungen. Doch natürlich ist es noch effektiver, die Emission von CO² im Vorfeld zu verhindern und dessen Entstehung so komplett zu verhindern. Durch unnötige Produktion bedingte Umweltschäden können vermieden und Ressourcen geschont werden.

 

Gäbe es das Schuhmacherhandwerk noch nicht, müsste man es zu diesem Zweck neu erfinden.

 

 

Eine hundertjährige Fichte speichert ca. 2,6 Tonnen CO², eine Buche zum Ende Ihres Lebens ca. 3,5 Tonnen CO². Die Arbeit eines Schuhmachers leistet somit jährlich hinsichtlich der CO²-Speicherung durch Reduktion einen Gegenwert von ca. 10 Buchen bzw. 14 Fichten, abhängig vom Produktionsaufwand der reparierten Schuhe. 


 

 

CO² Emissionen eines Schuhmachers

Verteilt man die jährlich Gesamtemission einer Schuhmacherei auf die durchgeführten Reparaturen, belastet eine Schuhreparatur in einer Werkstatt (mit Strom aus erneuerbaren Energien) die Umwelt mit durchschnittlich 1,2 kg CO²-Äquivalent. Bei Strom aus nicht erneuerbaren Energien ist in derselben Schuhmacherei mit ca. 1,7 kg CO²-Äquivalent zu rechnen. 

 

Pro Reparatur werden durchschnittlich also 1,2 bis 1,7 kg CO² emittiert, aber 7 –24 kg CO² (siehe CO²-ÄQUIVALENT SCHUHINDUSTRIE) zzgl. der CO²-Belastung durch Hausmüll eingespart. Eine Schuhreparatur ist – abhängig von den Produktionsbedingungen des Schuhes und des Reparaturbetriebes – hinsichtlich der CO²-Emissionen also um den Faktor 7 bis 18 umweltschonender als Entsorgung und Neukauf. 

 

Dieses positive Ergebnis lässt sich abhängig von der Qualität des Schuhes mehrmals wiederholen. Einem wiederholt reparierten Schuh stehen entsprechend viele eingesparte Entsorgungen und Neuanschaffungen gegenüber. Müllvermeidung, Ressourcenschonung, Arbeitsplätze im Inland und positive Wirkung auf die Umwelt im Ausland kommen dazu. 

 

UMWELT

Die CO²-Kalkulation selbst berücksichtigt dabei nicht weitere Schäden an Umwelt, Tier und Mensch, die durch die Vergiftung der Flüsse in den asiatischen Produktionsländern, schlechte Tierhaltung, die Kinderarbeit, die Arbeits- und noch schlimmeren Lebensbedingungen und die breite Verwendung von Materialien fossilen Ursprungs entstehen. https://www.schuhbonus.de/umwelt/

CO²-ÄQUIVALENT SCHUHINDUSTRIE

Die Herstellung der bspw. von carbonfact untersuchten Schuhe emittiert zwischen 7 und 24 kg CO². Als Beispiel seien Vans „Old Skool“ mit bis zu 24 kg CO² genannt: https://www.carbonfact.com/product/vans-old-skool

 

Die durchschnittliche Lebensdauer dieser Vans wird von carbonfact mit 1 Jahr angegeben. 

 

Auch Sneaker mit geringerer CO²-Emission mit Materialien aus Kaktus, Ananas oder recycelter Bio-Baumwolle kommen auf höhere CO²-Werte als eine Reparatur.

https://sorbasshoes.com/co2-bilanz-schuhe-sneaker/

 

 

Demgegenüber bieten „konservative“ Lederschuhe (konservativ im Sinne von Pumps, Ballerinas, klassische Schuhkonstruktionen mit erneuerbarem Absatz und Laufsohle) gesünderen Tragekomfort und kommen auf vielfach längere Tragezeiten von 20 Jahren und mehr. 

Leider liegen uns noch keine CO²-Berechnungen für z. B. genähte Lederschuhe Schuhe vor.

Derzeit kauft jeder Bundesbürger durchschnittlich 5 Paar Schuhe pro Jahr, im ungünstigen Fall also 5 x 20 = 100 kg CO². Mit 380 Mio. Paar werden ebenso viele entsorgt. 

Weltweit werden jährlich ca. 1,4 Mrd. Paar Sneaker verkauft, der Umsatz beträgt ca. 70 Mrd. Dollar. Der damit verbundene CO²-Ausstoß ließe sich berechnen. https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama_die_reporter/Die-Sneakerjagd-Mit-GPS-Sendern-einem-grossen-Muellproblem-auf-der-Spur,sneakerjagd100.html

 

Marabu kommt auf 6 kg

https://letsflip.de/wie-nachhaltig-ist-der-marabu-sneaker-experiment-flip-lebenszyklusanalyse/

 

Während alte Lederschuhe als Vintageschuhe sogar einen Markt für Second-Hand-Schuhe ermöglichen, sind Sneaker nach 5 Jahren und mehr zum Tragen nicht mehr geeignet, nur ungetragen werden sie als Anlageobjekt zu Preisen von 1.000 bis 25.000 und mehr gehandelt.

 

Für die Bewältigung der auf mehrere Schuhe verteilten jährlichen Laufleistung ein unnützes Konsumverhalten. Die Anzahl der jährlich benötigten Reparaturen für die Jahreslaufleistung eines Verbrauchers kann auf zwei Absatzreparaturen und eine Sohlenreparatur geschätzt werden. Zuzüglich einer weiteren Reparatur ergibt das 4 x 1,2 = rund 5 kg CO². 

 

Schuhe können bei guter Pflege und Qualität immer wieder weiterverwendet werden. Vorausgesetzt, der Kunde lässt sich durch die Mode nicht verrückt machen. So ist das Produkt Schuh auch gedacht, nachhaltige Konstruktionen sind der Schuhindustrie durch den handwerklichen Ursprung bestens bekannt und vertraut. Werden bei Neuschöpfungen aber nicht bedacht oder bewusst blockiert. Der resultierende Gewinn wird privatisiert, die ökologische Belastung sozialisiert.

 

Obendrein retten oft schon Kleinigkeiten wie das Weiten eines unpassenden Schuhes oder Klebearbeiten an der Sohle einen Schuh vor der Mülltonne und machen den Neukauf überflüssig. Leider sind diese Möglichkeiten einem stetig wachsendem Teil der Bevölkerung unbekannt.

 

Geplante Obsoleszenz Am Beispiel Polyurethan (PUR)

Besonders ärgerlich in diesem Zusammenhang ist die seit mehr als 10 Jahren zu beobachtende Verwendung von sich auflösenden PUR als Dämpfungsmaterial im Sohlenbereich, besonders oft bei Wander- und Bequemschuhen. Die zwingend passgenauen Formsohlen lassen sich mangels Verfügbarkeit und weiteren technischen Gründen nicht vom Schuhmacher ersetzen. 

Statt einer einfachen, günstigen und CO²-armen Absatzreparatur oder Klebearbeit wird dadurch ein kompletter Austausch der Sohle erforderlich. Ein unnötiger Mehraufwand, der dann schnell über dem Neupreis liegt. In großer Zahl wandern Schuhe derzeit mit intakter Laufsohle und intaktem Obermaterial aus diesem Grund in der thermischen Verwertung und werden neu beschafft. Die Hersteller bezeichnen diesen Vorgang in der „Zwischensohle“ als „Hydrolyse“. Verschweigen aber, dass es ein mannigfaltiges Materialangebot an Dämpfungsmaterialien gibt, bei denen gar keine „Hydrolyse“ stattfindet. https://stories.hanwag.com/de/wanderschuhe-sohle-loest-sich-das-kannst-du-tun/

Nach Rücksprache mit Chemikern von Materialherstellern wird PUR eventuell weniger von Hydrolyse als vielmehr von Bakterien zersetzt. Das wäre vorteilhaft, wenn Sohle und Schuh nach regulärer Tragezeit auf der Deponie landen. Das aber ist nur noch selten der Fall. Der vorzeitige Produkttod durch sich zersetzendes Sohlenmaterial sorgt nun kontraproduktiv nur noch früher dazu, das Leder, fossile Mesh-Materialien, Gummi, Senkel, Metalle und weitere Materialien – völlig intakt – zusammen mit der vorzeitig unbrauchbar gewordenen Sohle entsorgt werden.

 

PUR lässt sich – wie heute noch Haushaltsschwämme – so herstellen, dass es sich nicht zersetzt. Hier scheint ein wichtiger Zusatzstoff bei der Materialherstellung, der diese Zersetzung verhindert, keine Anwendung mehr zu finden. Ökologisch ist das eine Katastrophe, für betroffene Kunden auch finanziell.

GESAMTWIRTSCHAFTLICHE BETRACHTUNG

Abzüglich Schlüsseldienst, Batteriewechsel und weiteren handwerksfremden Arbeiten in den ca. 1.500 dem Schuhmacherhandwerk zugeordneten Betrieben entspricht die reine Schuhreparaturarbeit derzeit der Arbeit von maximal 1.000 Schuhreparateuren in Deutschland. 

 

Als Faustformel wird angenommen, dass ein Hektar Wald pro Jahr ca. 6 Tonnen CO² speichert – über alle Lebensjahre hinweg. Spart ein Schuhmacher jährlich 36 Tonnen CO² ein, entspräche dies ca. 216 Hektar Waldfläche. Durch die 126.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Schuhmacher in den 1960er Jahren wurde demzufolge jährlich das CO²-Äquivalent von 2,7 Mio Hektar Waldfläche eingespart. Oder der Menge, die in 1,2 Mio. Buchen bzw. 1,8 Mio. Fichten gespeichert ist. 

Globale Auswirkungen des Deutschen Schuhkonsums

Eine Förderung der Schuhreparatur würde nicht nur in Deutschland, sondern auch global positive Auswirkungen, z. B. in den asiatischen Produktionsländern zeitigen. 

Eine steigende Nachfrage nach höherwertigem, reparablen Schuhwerk würde sich auch in Asien positiv auf Arbeitsplätze, Umwelt und Lebensbedingungen auswirken. Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030, die Sustainable Development Goals (SDGs), richten sich an alle: die Regierungen weltweit, aber auch die Zivilgesellschaft und die Privatwirtschaft.

 

• Höherwertige Produkte würden wieder verstärkt nachgefragt

• Der Bedarf an höher qualifizierteren, besser bezahlten Mitarbeitern würde wachsen

• positive Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und die Umwelt

• Es würden Ressourcen geschont und das Müllaufkommen, auch in Afrika, verringert. 

 

Diese Nachfrage kann und muss letztlich vom Verbraucher kommen. Der Kunde ist König.

Doch der Konsument wird nur tätig, wenn eine Reparatur sich auch wirtschaftlich lohnt. Das beweisen die Zahlen der Vergangenheit. Die Verbraucher waren in den 1960er Jahren nicht umweltbewusster, Reparaturen haben sich einfach nur wirtschaftlich besser gerechnet. Immer mehr Verbraucher können sich Reparaturen angesichts steigender Preise jedoch einfach nicht mehr leisten. Der günstigere Neupreis hat die Entwicklung zur nun sprichwörtlichen Wegwerfgesellschaft forciert.

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Eine Schuhreparatur spart bis zu 20kg CO².
CO² Emissionen eines Schuhmachers in Relation zur Entsorgung und Neuanschaffung von Schuhen.
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